Ist das Uhrwerk das Herz einer Uhr, so ist das Zifferblatt das Gesicht der Uhr. Das Zifferblatt ist eines der wichtigsten Elemente einer Uhr. Umso verwunderlicher ist es, dass viele Uhrenmarken dem Blatt scheinbar wenig Aufmerksamkeit widmen. Beim Ablesen der Zeit fällt der Blick immer auf das Zifferblatt, während das Uhrwerk und Armband deutlich weniger betrachtet wird.

Das Design und die Funktion des Zifferblatts, wie wir es heute kennen, war nicht immer gleich. Das Zifferblatt hat eine lange und abwechslungsreiche Geschichte. Bis eine Uhr die Zeit anzeigen kann, sind viele aufwendige und hochpräzise Arbeitsschritte nötig.

Finissage des Zifferblatts

Der Beruf des Uhrmachers ist seltener geworden, aber auch anspruchsvoller. Eine ganze Reihe von Spezialisten ist am Entstehen einer hochwertigen Uhr beteiligt: Galvaniker, Polisseure, Mikrozeichner und Mikromechaniker arbeiten dem Verantwortlichen für das Zifferblatt zu: dem Cardanographen. Eben jener Cardanograph widmet sich auf der Finissage des Blatts.

Als Finissage bezeichnet man den abschließenden Veredelungsprozess an einer Uhr. Dabei werden alle Einzelteile der Uhr von einem Finisseur präzise abgeschliffen, poliert und nachbearbeitet. Zifferblätter können vergoldet, ziseliert oder graviert sein. Sie können von Hand bemalt, emailliert oder lackiert sein.

Omega Seamaster

Omega Seamaster Professional Custom von Shane Lin (CC BY-NC-SA 2.0)

Zifferblätter in Blaugold, Weißgold, Silber

Eine spezielle Form der Lackierung ist die japanische Kunst des Urushi. Sehr teure Modelle werden auch mit Edelsteinen besetzt. Edle Metalle wie Silber oder Weißgold werden oft noch mit einer Schicht aus Rhodium überzogen, um das Edelmetall widerstandsfähiger zu machen. Auch das Galvanisieren mit Stahl, Blaugold oder Rhutenium kann das Anlaufen von Metall verhindern.

Der Franzose Abraham Louis Breguet war ein legendärer Uhrmacher des 18. Jahrhunderts. Viele Innovationen im Uhrmacherhandwerk gehen auf ihn zurück. Er war der erste, der ein Zifferblatt aus Bergkristall anfertigte, so dass das Innere der Uhr zu sehen war. Diese legendäre Uhr war für die Königin Marie Antoinette bestimmt und begründete die Tradition der sogenannten Skelettuhren. Hier ist das Zifferblatt bewusst minimalistisch gestaltet, damit das Uhrwerk besonders zur Geltung kommt.

Zifferblatt-Schliffe

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, eine Uhr zu veredeln. Zum Beispiel den Genfer Streifen oder Glashüttenstreifen: Das ist ein Zierschliff, bei dem breite, gerade Streifen ins Metall gefräst werden.

Beim Perlschliff werden kleine, runde Vertiefungen ins Metall gestanzt. Meistens wird der Perlschliff auf der Werkplatte oder der Innenseite des Uhrengehäuses angewandt. Außer bei Skelettuhren und Luxusuhren, die den Perlschliff bewusst als Designelement einsetzen, sind diese Teile in der Regel nicht von außen sichtbar.

Der Strichschliff entsteht durch das Reiben des Werkstücks auf feinem Schleifpapier. Dabei entstehen parallel verlaufende, feine Linien im Metall.

Grand Seiko Zifferblatt

Seiko SARB065 “Cocktail” von Shane Lin (CC BY-NC 2.0)

Sonnenschliff bei Zifferblättern

Der Sonnenschliff wird manchmal auch als Perlierung bezeichnet. Das ist ein besonders feiner, halbkreisförmig strukturierter Schliff. Die Lichtreflexe wandern beim Schwenken der Uhr im Kreis. So entsteht der Eindruck einer strahlenden Sonne, dem dieser Schliff seinen Namen verdankt.

Die Guilloche ist ein Muster aus ineinander verschlungenen Linien, wie wir sie auch von Banknoten kennen. Zifferblätter oder Gehäuse werden gerne mit einem solchen Muster verziert. Das Guillochieren ist ein sehr aufwendiger Prozess, der spezielle Maschinen erfordert. Es gibt nur noch wenige Guillocheure, die in Uhrenmanufakturen in Deutschland und in der Schweiz arbeiten.

Geschichte des Zifferblatts

Die ersten Zifferblätter entstanden um 1300 mit der Erfindung der Räderuhr. Uhren mit Zahnrädern ermöglichten zum ersten Mal eine genauere Zeitmessung als Sonnenuhren, Sanduhren oder Sternuhren. Die Uhrwerke waren aber noch weit von der heutigen Genauigkeit entfernt. Deshalb zeigen frühe Räderuhren oft nur Stunden an. Die Uhr am Freiburger Münster ist eine solche Ein-Zeiger-Uhr. Heute gibt es minimalistische Designer-Uhren, die dieses alte Format wieder aufgreifen. Der Gedanke dahinter ist, dem Besitzer ein Zeichen zur Entschleunigung zu geben.

Erst im 17. Jahrhundert wurden die Uhrwerke präzise genug, um eine Einteilung der Stunde in Minuten vorzunehmen. Voraussetzung dafür war die Erfindung der Pendeluhr. Während der französischen Revolution gab es Versuche, den Tag in zehn Dezimalstunden einzuteilen. Jede Stunde hatte 100 Minuten, jede Minute 100 Sekunden. Diese Einteilung konnte sich aber nie durchsetzen.

Seit dem 20. Jahrhundert werden kleine Uhren mit einem Armband am Handgelenk getragen. Trotz der Entwicklung des Smartphones und der Smartwatch in den letzten Jahren hat sich die klassische Armbanduhr als modisches Accessoire gehalten. Sie hat ihren Wert als Statussymbol sogar steigern können. Dies ist nicht zuletzt den hochwertigen Fertigungsmethoden zu verdanken, die eine Uhr zu einer Investition für’s Leben machen.

Teile auf dem Zifferblatt

Aufwendig gestaltete Uhren besitzen neben der Zeitanzeige auch eine Grande Complication mit weiteren Funktionen. Das können zum Beispiel ein ewiger Kalender und eine Stoppuhr sein. Astronomie-Freaks wissen ein Astrolabium mit Informationen über den Sternenhimmel zu schätzen.

Indikation – Zeiger

Die Indikation ist die Anzeige einer Uhr. Die meisten Uhren können die Zeit in Stunden, Minuten und Sekunden anzeigen. Die Zeiger einer Uhr sind in der Regel zentral auf der Weiserstange montiert. Wenn der Sekundenzeiger ebenfalls in der Mitte angebracht ist, spricht man von einer Zentralsekunde. Wenn der Sekundenzeiger einen eigenen, kleinen Bereich auf der Uhr hat, spricht man von kleiner Sekunde. Die kleine Sekunde stellt bereits eine sogenannte Komplikation dar.

Manche Uhrendesigner experimentieren mit der Darstellung der Uhrzeit. Bei Fliegeruhren ist zum Beispiel eine 24-Stunden-Einteilung gebräuchlich. Es gibt auch retrograde Anzeigen, bei denen der Zeiger rückwärts läuft.

Komplikation auf dem Zifferblatt

Alles, was über die Zeitanzeige hinausgeht und in einen Extra-Bereich im Zifferblatt eingebaut ist, wird als Komplikation bezeichnet. Die kleine Sekunde gehört dazu. Aber auch Kalenderfunktionen, Alarm, Mondphasen, Chronograph oder die Uhrzeit einer anderen Zeitzone kann in einer Komplikation enthalten sein. Bei mechanischen Uhren gibt es auch manchmal eine Gangreserve-Anzeige, die den Träger daran erinnert, die Uhr aufzuziehen.

Solche Zusatzfunktionen werden auch als Kadraturen bezeichnet. Auch dafür gibt es Spezialisten, die Kadraturisten. Zu den Kadraturen gehören auch das Schlagwerk einer Uhr oder die Wecktöne. Wenn eine Uhr mehrere Extra-Anzeigebereiche mit Spezialfunktionen hat, spricht man von einer Grande Complication. Je mehr Komplikationen eine Uhr enthält, desto aufwendiger wird auch ihr Uhrwerk. Während eine einfache Uhr mit Zeitanzeige nur etwa 60 Bauteile enthält, bringt es eine Uhr mit Komplikationen schnell auf über 300 Bauteile.

Auch eine Drehlünette, wie man sie an vielen Flieger- oder Taucheruhren findet, wird von manchen Herstellern zu den Komplikationen gezählt. Den Tauchern hilft diese Funktion dabei, ihre Tauchzeit zu kontrollieren. Piloten dient die Lünette als Hilfe beim Navigieren.

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